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Widerruf von Verträgen


"Wir haben uns sofort in die Schrankwand verliebt und den Kaufvertrag spontan unterschrieben" ... "Der Versicherungsvertreter hat so lange auf uns eingeredet, bis wir glaubten, ohne diese neue Versicherung geht es nicht."

Die Verlockungen der Konsumgesellschaft sind groß, die Verkaufstricks der Vertreter und Verkäufer noch größer. Nach Vertragsabschluss gibt es oft ein böses Erwachen, wenn festgestellt wird, dass für den Kauf oder die neue Versicherung eigentlich gar kein Geld da ist.

Grundsätzlich ist ein einmal abgeschlossener Vertrag gültig. Es gibt allerdings einige wichtige Ausnahmen und Möglichkeiten, einen Vertrag zu widerrufen oder zu kündigen. Außerdem können alle Vertragsarten angefochten werden, wenn man beim Vertragsabschluss getäuscht oder bedroht worden ist. Beides muss man aber beweisen können, etwa durch einen Zeugen.

Fachkundigen Rat in diesen Fragen erhält man bei Verbraucher- und Schuldnerberatungsstellen sowie bei Rechtsanwälten.

1. Kaufvertrag und Reparaturauftrag


Wer dem schicken Auto oder der noblen Schrankwand nicht widerstehen konnte, hat schlechte Karten – ein einmal geschlossener Kaufvertrag hat Bestand. Dies gilt uneingeschränkt dann, wenn der Kauf gegen Barzahlung, auf Rechnung oder Zahlung per Kreditkarte erfolgt. Auch ein Reparaturauftrag an einen Handwerker, den der Kunde persönlich erteilt, ist bindend und kann nicht widerrufen oder gekündigt werden. Wenn Sie z. B. kurze Zeit später bei der Konkurrenz ein billigeres Angebot vorfinden, können Sie den alten Vertrag nur dann auflösen, wenn der Verkäufer oder Handwerker der Auflösung zustimmt.

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2. Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, z.B. Haustürgeschäfte


Wer zu Hause oder am Arbeitsplatz, bei einem Ausflug (z. B. "Kaffeefahrt") oder auf der Straße einen Vertrag abschließt, hat bessere Chancen, aus dem Vertrag wieder herauszukommen. Das Gleiche gilt auch für in den Geschäftsräumen des Unternehmers abgeschlossene Verträge, wenn der Verbraucher zuvor außerhalb von Geschäftsräumen direkt angesprochen wurde:

Solche Verträge werden ungültig, wenn sie innerhalb zwei Wochen nach Vertragsab­schluss und ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht sowie über das Muster-Widerrufsformular widerrufen werden. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Verbraucher muss hierüber ausdrücklich informiert werden („Widerrufsbelehrung“).

Hat der Verbraucher die Widerrufsbelehrung nicht erhalten oder entspricht sie nicht den Anforderungen des Gesetzes, kann der Vertrag ein Jahr länger widerrufen werden. Erfolgt die Lieferung nicht, kann - auch nach Ablauf der Widerrufsfrist – nach erfolgloser Fristsetzung zur Lieferung vom Vertrag zurückgetreten werden.

Hier finden Sie ein Muster für ein Widerrufsschreiben.

Beispiel:
Am 5. Januar 2015 unterschreibt Frau Maier einen Kaufvertrag über ein 20-bändiges Lexikon bei einem Vertreter, der an der Tür geklingelt hat. Der Kaufpreis soll 1000 € betragen. Hinterher kommen ihr Bedenken, ob sie so viel Geld wirklich für ein Lexikon ausgeben sollte.

Frau Maier kann in der Zeit vom 5. bis 19. Januar 2015 den Vertrag widerrufen. Fehlt die Widerrufsbelehrung ganz oder ist sie nicht ordnungsgemäß oder wurde über das Muster-Widerrufsformular nicht informiert, so erlischt das Widerrufsrecht erst ein Jahr später am 19. Januar 2016.

Sollte das Lexikon aus irgendwelchen Gründen gar nicht geliefert werden, besteht -nach erfolgloser Fristsetzung zur Lieferung - auf unbestimmte Zeit ein Rücktrittsrecht.

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3. Fernabsatz, z.B. Versandhandel, Internet-Bestellungen, telefonische Bestell-Hotline, Mieterhöhungen


Inzwischen können Warenbestellungen auch zunehmend im Internet erledigt werden. Wegen der technischen Besonderheiten des Mediums Internet kann dem Besteller hier keine gesonderte Widerrufsbelehrung ausgehändigt werden. Es reicht, wenn der Anbieter eine Belehrungs-/ Informationsseite einstellt, in der über das Widerrufsrecht sowie das Muster-Widerrufsformular informiert wird. Darüber hinaus muss er dem Besteller beides nochmals per E-Mail oder schriftliche Belehrung zusammen mit dem übrigen Vertragsinhalt bestätigen.

Hat der Verbraucher die Widerrufsbelehrung oder das Muster-Widerrufsformular nicht erhalten oder entspricht sie nicht den Anforderungen des Gesetzes, kann der Vertrag innerhalb von 12 Monaten und 14 Tagen widerrufen werden. Die Belehrung ist z.B. dann nicht ordnungsgemäß, wenn bei Bestellung von Waren über den Widerruf einer Dienstleistung belehrt wird. Ist eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erfolgt, beginnt die Frist mit Eingang der Ware beim Empfänger zu laufen. Erfolgt die Lieferung später als nach 12 Monaten und 14 Tagen besteht kein Widerrufsrecht mehr.

Achtung! Die bloße Rückgabe der Ware genügt nicht mehr; der Widerruf muss erklärt werden, am besten schriftlich und noch besser per Einschreiben.

Hier finden Sie ein Muster für ein Widerrufsschreiben.

Wegen der Gefahr eines schnellen Clicks zur Absendung der Bestellung hat der Gesetzgeber noch eine besondere Sicherung eingebaut, die sogenannte Button-Lösung: Der Vertrag kommt rechtswirksam nur zustande, wenn die abschließende Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern "zahlungspflichtig bestellen" oder hinsichtlich der Zahlungspflicht ähnlich eindeutig beschriftet ist. Lautet die Bezeichnung darauf "kaufen" genügt dies; das Wort "zahlungspflichtig" muss in diesem Fall darin nicht erwähnt werden.

Der Unternehmer kann vom Verbraucher Kosten aller Art nur verlangen, wenn er den Verbraucher darüber ordnungsgemäß belehrt hat.

Nähere Informationen finden Sie unter www.vz-nrw.de/musterbriefe-onlineabzocke

Widerrufsrechte bestehen nicht nur bei Verträgen über das Internet, sondern auch bei anderen Formen des Versandhandels per Post, Telefax oder telefonisch über eine Bestell-Hotline.

Selbst Ihre Zustimmung zu einer Mieterhöhung kann häufig noch widerrufen werden, was aber nur bei ungerechtfertigt hohen Mieterhöhungen ratsam ist, auf deren Zustimmung der Vermieter keinen Anspruch hat.

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4. Darlehens- und Ratenkaufverträge


Die nachfolgenden Verträge können innerhalb zwei Wochen widerrufen werden. Die Frist beginnt mit Vertragsabschluss und Erhalt aller Pflichtangaben, z.B. Angabe zur Art des Darlehens, zum Nettodarlehensbetrag, zur Vertragslaufzeit, des effektiven Jahreszinses, aller sonstigen Kosten, den Verzugszinssatz, einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, zur Vorfälligkeitsentschädigung, zum Widerrufsrecht mit Angabe des bis dahin pro Tag zu zahlenden Zinsbetrages und vieles andere bis hin zur zuständigen Aufsichtsbehörde.

  • Kreditverträge (für Beträge über 200 € und von mindestens drei Monaten, bei mehr als nur geringen Kosten auch unter drei Monaten) außer Pfandleihgeschäften
  • Existenzgründungskredite bis 75.000€
  • Stundungen und Zahlungsaufschübe
  • Ratenkaufverträge
  • Leasingverträge
  • Ratenlieferungsverträge, wie z.B. Zeitungsabonnements


Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Auch hier muss eine gesonderte Widerrufsbelehrung ausgehändigt werden. Fehlt diese Widerrufsbelehrung, entspricht sie nicht den gesetzlichen Anforderungen oder fehlen die o.g. Pflichtangaben bei Vertragsschluss (Antrag oder Vertragsurkunde), läuft das Widerrufsrecht auf unbestimmte Zeit weiter.

Erhält der Darlehensnehmer diese Angaben später auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. Brief, Telefax oder E-Mail) . erlischt das Widerrufsrecht erst nach Ablauf einer mit deren Erhalt neu laufenden Widerrufsfrist von einem Monat.

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5. Versicherungsverträge


A. Widerruf von Versicherungsverträgen

Ein Versicherungsvertrag wird nur gültig, wenn er nicht innerhalb von 14 Tagen (bei Lebensversicherungen 30 Tage) nach Vertragsabschluss in Textform (z.B. Brief, Telefax, E-Mail) widerrufen wird. Die Frist beginnt erst nach Erhalt des Versicherungsscheins und aller Versicherungsbedingungen sowie umfassender Informationen zum Inhalt des Vertrages bis hin zu Möglichkeiten zur Kündigung des Vertrages.

Auch hier ist der Verbraucher über die Möglichkeit des Widerrufs zu informierenund hat eine besondere Erklärung zu unterschreiben. Fehlt die Widerrufsbelehrung, entspricht sie nicht den Anforderungen des Gesetzes oder fehlen Informationen, kann der Versicherungsvertrag auf unbestimmte Zeit widerrufen werden. Hat die Versicherung auf Wunsch des Verbrauchers bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen, muss der Versicherer die auf die Zeit bis zum Widerruf entfallenden Teil der Prämien nicht erstatten.


B. Kündigung von Versicherungsverträgen

Versicherungsverträge können mit der vereinbarten Kündigungsfrist von max. 3 Monaten für den Schluss der Versicherungsperiode (meist Kalenderjahr) gekündigt werden.

Versicherungen können auch bei Prämienerhöhungen gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat und beginnt mit Erhalt der Mitteilung über die Erhöhung der Prämie. Schadensversicherungen können auch nach einem Versicherungsfall gekündigt werden.

Bei Kapitallebensversicherungen gibt es mehrere Anpassungsmöglichkeiten, z. B. folgende:

  • Kündigung: Dann bekommt man den sogenannten Rückkaufswert ausbezahlt, der allerdings recht niedrig ist (bitte vorher den Wert erfragen).
  • Beitragsfreistellung: Die Beitragszahlung wird ausgesetzt. Das einbezahlte Geld bleibt bis zum Ende der Vertragslaufzeit stehen.
  • Laufzeitverkürzung.
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6. Wie widerrufe ich richtig?


Der Widerruf ...

  • sollte immer schriftlich erfolgen (am besten als Einschreiben mit Rückschein oder „Einwurf-Einschreiben“), weil der Besteller notfalls den erfolgten Widerruf nachweisen muss. Bei Versicherungsverträgen ist ohnehin Textform vorgeschrieben.
  • muss nicht begründet werden.
  • kann am letzten Tag der Widerrufsfrist abgeschickt werden.
  • Achtung! Der Widerruf muss erklärt werden, die Rücksendung der Ware genügt nicht.



Bestellte Ware ...

  • muss der Verbraucher nach Widerruf zurück senden, falls der Anbieter nicht Abholung zugesagt hat. Die Kosten hierfür trägt der Anbieter nur dann, wenn er dies zugesagt hat oder versäumt hat den Verbraucher auf die Rücksendekosten hinzuweisen.
  • darf der Verbraucher auspacken und ausprobieren. Wird sie dabei beschädigt, kann er den Vertrag trotzdem widerrufen. Der Anbieter kann hierfür keinen Schadenersatz verlangen, er allein trägt hier das Risiko. Etwas anderes gilt nur, wenn die Ware absichtlich beschädigt wird.
  • die durch einen vorübergehenden über ein Ausprobieren hinausgehenden Gebrauch an Wert verliert: Hier muss der Verbraucher durch Gebrauch entstandenen Verlust ersetzen.


Fachlichen Rat zur Kündigung und zum Widerruf von Verträgen erhalten Sie bei Verbraucher- und Schuldnerberatungsstellen sowie bei Rechtsanwälten.

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