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Projektmethode – Lernen mit allen Sinnen


von Rüdiger Schillinger

Die Projektmethode ist in den letzten Jahren fester Bestandteil der Bildungspläne aller Schularten in Baden-Württemberg geworden.

Die Bildungspolitiker reagieren hierbei auf die veränderten Anforderungen der Gesellschaft und der Wirtschaft: Zunehmend komplexere Problemstellungen der Zukunft können nicht mehr von einzelnen Personen gelöst werden, sondern bedürfen einer größeren Anzahl von Experten unterschiedlichster Fachrichtungen, die auch unkonventionelle und kreative Lösungsmöglichkeiten im Team entwickeln müssen.

Bei diesem pragmatischen Ansatz wird leicht übersehen, dass die Projektmethode auch in der Tradition der Reformpädagogik steht. Denn die Forderung mit Kopf, Herz und Hand zu lernen, war eine grundlegende Forderung der Reformpädagogik, die am Ende des 19. Jahrhunderts ihren Ursprung hatte und eine Gegenbewegung zur repressiven und autoritären Lernschule darstellte. Karl Frey (2002) definiert die Projektmethode daher folgendermaßen: „Eine Gruppe von Lernenden bearbeitet ein Gebiet. Sie plant ihre Arbeiten selbst und führt sie auch aus. Oft steht am Ende ein sichtbares Produkt“(1). Elementar für die Projektmethode ist nach Frey, dass die Bedürfnisse, Neigungen und Interessen der Schüler eine zentrale Rolle spielen müssen. Die Projektmethode ist eine offene Lernform, dazu benötigt sie eine bestimmte pädagogische Umgebung, in der dies auch möglich ist. Frey unterscheidet des Weiteren zwischen Klein-, Mittel- und Großprojekten, die jedoch alle das übergeordnete Ziel haben, aus „üblichem Tun bildendes Tun“ zu machen.(2) Und so ist die Projektmethode auch eine grundlegende reformpädagogische Arbeitsweise.

Herbert Gudjons definiert die Projektmethode auch in dieser Tradition, wenn er folgende Kriterien für die Projektarbeit einfordert:

  • Situationsbezug
  • Orientierung an den Interessen der Beteiligten
  • Selbstorganisation und Selbstverwaltung
  • Gesellschaftliche Praxisrelevanz
  • Zielgerichtete Projektplanung
  • Produktorientierung
  • Einbeziehen vieler Sinne
  • Soziales Lernen
  • Interdisziplinarität
  • Bezug zum Lehrgang (3)


Mit dieser sehr anspruchsvollen Methode sollen also die Bedürfnisse der Lernenden ernst genommen und die Lernenden mit all ihren Sinnen eingebunden werden. Die Projektmethode bedeutet neben kognitivem Reflektieren vor allem praktisches Tun, also nicht nur Lernerfahrung, sondern auch Lebenserfahrung. In diesem pädagogischen Tun können Schüler Erfahrungen sammeln, die wesentlich und positiv zu ihrer Persönlichkeitsbildung beitragen. Keine Methode verbindet so elementar den Erwerb fachlicher, methodischer und sozialer Kompetenzen als die Projektmethode.

Auch deswegen war bei der Entwicklung der Aufklärungskampagne der Zentralen Schuldnerberatung Stuttgart „Schuldenfrei. Zukunft frei“ sofort klar, dass Jugendliche für das Thema „Verschuldung“ nur erreicht werden können, wenn die Jugendlichen ihre vielfältigen Erfahrungen mit dem Thema Konsum und Geld in Projekten einbringen können. So liegt die Stärke dieser Arbeit der Zentralen Schuldnerberatung nicht in Ergebnissen, Plakaten und Homepages, sondern im Dokumentieren der vielfältigen Möglichkeiten, mit dem Thema projektorientiert umzugehen. Der Sinn dieser Ausstellung ist sicherlich, die Projektarbeit der Jugendlichen über eine Veröffentlichung angemessen zu würdigen, auch eine unerlässliche Motivationsstütze. Von gleicher Bedeutung ist aber auch, Einrichtungen der Jugendarbeit, Schulen, Klassen und Schüler zu Projektarbeiten in diesem Themenfeld anzuregen, anzustoßen und Hilfestellungen zu geben.

Denn nur wer mit Kopf, Herz und Hand lernt, ergreift und begreift ein Thema für sich und seine Persönlichkeit, kann zukünftigen Problemen in diesem Bereich kompetent begegnen.

(1) Frey (2002), Projektmethode, S. 13
(2) Frey (2002), Projektmethode, S. 21
(3) Gudjons, Herbert: Was ist Projektunterricht? In: Johannes Bastian & Herbert Gudjons (Hrsg.), Das Projektbuch. Theorie, Praxisbeispiele, Erfahrungen. Hamburg. S. 14-27, 1991